Wandern rund um Bonn – Von Bad Honnef nach Königswinter

Von Bad Honnef nach Königswinter
Die Ufer des Rheins kennenlernen

Pkw/Parken: Parkstreifen in der Rheinstraße, Bad Honnef
ÖPNV: Ab Bad Honnef Bahnhof mit dem Bus 565 bis Unkel, Rheinstraße
Rundweg: Ca. 11,2 Kilometer/2,5 Stunden
Streckenprofil: Flache Wege auf Asphalt, für Kinderwagen und Fahrräder geeignet
Einkehr: Altes Fährhaus, Rheinallee 4,53639 Königswinter, Tel. (0 22 23) 2 48 68, www.altes-faehrhaus.net; Restaurant Kleinpetersberg, Austraße 46, 53179 Bonn, Tel. (02 28) 34 56 47, www.kleinpetersberg.de
Am Wegesrand: Insel Grafenwerth mit Aalschokker; Denkmal Wolfgang Müller; Königswinter; Rheinfähre; Rheinkilometrierung; Rheinradweg; Insel Nonnenwerth; Rolandsbogen

„Eine Schiffsfahrt, die ist lustig. Eine Schiffsfahrt, die ist schön.“ Auf dieser angenehmen und leichten Wanderroute haben wir gleich zwei davon. So lernen wir Vater Rhein von beiden Seiten kennen. Wir wandern an seinem belebten Ufer entlang, erfreuen uns an der malerischen Kulisse des Siebengebirges oder nehmen in einem der traditionellen Einkehrmöglichkeiten Platz. Auf dem Rückweg überschreiten wir noch ganz nebenbei die Grenze zum benachbarten Bundesland und werden Teil der einstigen glanzvollen Rheinromantik.

Die Rheinstraße endet, der Name lässt es ahnen, am Rhein. Wir sind am Fährübergang zwischen Bad Honnef und dem Rolandseck und biegen noch vor der Fähre nach rechts ab. Wir wandern auf das Rheinufer zu und gelangen direkt auf den steinernen Damm, der das Rheinufer mit der Insel Grafenwerth verbindet. Bei Hochwasser besteht die Möglichkeit, ab dem Fähranleger den kombinierten Rad- und Fußweg sowie die anschließende Brücke zu nutzen.

Ein ruhiger Altarm trennt die langgestreckte Insel Grafenwerth vom rechtsrheinischen Ufer bei Bad Honnef. Mit ihrem kiesigen Strand, mehreren Sport- und Freizeiteinrichtungen und  großen Liegewiesen wird sie zur Erholung genutzt und ist ein beliebtes Ausflugsziel bei Jung und Alt. Im Süden ist sie über den Steindamm mit dem Festland verbunden, während weiter nördlich zwei Brücken den Übergang ermöglichen. Führt der Rhein ausreichend Wasser, so ist der schmale Damm überflutet und das Eiland dann wirklich komplett von Wasser umgeben. Von der nördlichsten, der Grafenberger Brücke, bietet sich mit dem im Wasser festgemachten Aalschokker Aranka ein beliebtes Fotomotiv vor dem sich erhebenden Drachenfels im Hintergrund. Der Aalschokker, ein niederländisches Fischereisegelschiff, wurde 1917 gebaut und war eines der letzten Schiffe seines Typs auf dem Rhein. Nach einer Restaurierung durch die Nordrhein-Westfalen-Stiftung erhielt er dauerhaft seinen heutigen Liegeplatz und wirkt dabei so, als wolle er gleich auf große Fahrt gehen.

Am nördlichen Ende des Dammes können wir entweder halbrechts direkt auf den befestigten Weg wechseln oder noch ein Weilchen unmittelbar am kiesigen Ufer entlang wandern. Letzteren müssen wir aber im weiteren Verlauf auf einem der vielen Pfade nach rechts verlassen, um ohnehin auf dem asphaltierten Weg zu gehen. Wir durchqueren die Insel sowie ihre Freizeitanlagen von Süd nach Nord und verlassen das schmale Eiland über die nördliche Grafenwerther Brücke mit Blick auf den historischen Aalschokker Aranka, der noch bis 1990 auf dem Rhein Aale fischte. Am Brückenende wenden wir uns nach links, gehen die Treppen hinab und folgen dem Rhein auf dem Fußweg links der Stadtbahngleise. Wir überqueren den plätschernden Spitzenbach, haben rechts vor uns stets den Drachenfels im Blick und genießen die Wanderung entlang des malerischen Rheinufers. Am Fuße des Drachenfels kommen wir zum Bahnhof von Rhöndorf. Frachtschiffe ziehen stampfend an uns vorüber und machen uns neugierig, wo sie ihre Ladung hin befördern. Radler huschen an uns vorbei und nach einigen hundert Metern erhebt sich am rechten Wegesrand das Denkmal von Wolfgang Müller von Königswinter.

Wolfgang Müller von Königswinter, ein dichtender Arzt wurde 1816 in Königswinter geboren, lebte jedoch in Bonn, Berlin und Paris. Seine Heimat am Rhein vergaß er aber nie und widmete eines seiner Gedichte dem nahe gelegenen Kloster Heisterbach (siehe Route 16, S. XX).

Mit dem Denkmal erreichen wir auch Königswinter und wandern an stilvollen Hausfassaden vorbei und genießen den Flair dieser malerischen Stadt am rechten Rheinufer.

Königswinter, ein beliebter Fremdenverkehrsort, liegt nicht nur unmittelbar am Ufer von Deutschlands größtem Strom, sondern auch am Fuße des beliebten Drachenfels und damit am Rande des Naturparks Siebengebirge. Damit ist Königswinter Ausgangspunkt für viele Wanderungen. Bewohner auf dem heutigen Stadtgebiet gab es schon vor der ersten namentlichen Nennung im Jahr 1015, wie archäologische Funde beweisen. Doch mit einer Schenkungsurkunde von Kaiser Heinrich II. an das Bonner Frauenstift Dietkirchen begann die Historie von Winetre, wie Königswinter damals genannt wurde. Im 17. Jahrhundert fielen hessische Truppen ein, und nur zwei Jahrzente später brannten die Franzosen alles nieder. Der touristische Aufschwung kam durch den Bau zweier Zahnradbahnen, die Drachenfelsbahn, die heute noch in Betrieb ist (siehe Route 14, S. XX) und nur wenige hundert Meter entfernt eine Bahn auf den Petersberg. Königswinter ging aber auch in die Literaturgeschichte ein. John le Carré lebte einige Jahre in der Stadt, als er in der damaligen britischen Botschaft in Bonn arbeitete, und schrieb in Königswinter nicht nur den Bestseller „Der Spion, der aus der Kälte kam“, sondern verfasste auch ein Buch mit dem Titel „Eine kleine Stadt in Deutschland“, mit der selbstverständlich das beschauliche Königswinter gemeint ist.

Nach einer kurzen Pause in Königswinter und möglicherweise einem stilvollen Mittagstisch im Alten Fährhaus nutzen wir die Rheinfähre und setzen an das andere Ufer nach Mehlem über.

Das Wasser platscht gegen die metallene Wand, während sich ganz vorne eine Bugwelle bildet, die schon nach wenigen Metern gegen die Gestaden des Rheins trifft und dort die Böschung in Bewegung bringt. Der Boden unter den Füßen vibriert, weil der Dieselmotor stampfend gegen die Strömung anzukämpfen hat. Wir befinden uns auf einer der vielen Fähren, die den Rhein überqueren. Zwar gibt’s es in den Großstädten wie Düsseldorf und Köln, aber auch Bonn viele Rheinbrücken, aber außerhalb der großen Zentren, insbesondere am Ober- und am Mittelrhein sind es die Fähren, die die Rheinufer miteinander verbinden und pendelnd Fußgänger, Radler und Pkw-Fahrer jeweils auf die andere Seite des Flusses bringen. In der Regel dauern die Überfahrten aber nur etwa so lange, wie man für das Lesen dieses Textabschnittes benötigt. Daher heißt es jetzt: Alle Mann von Bord, wir sind da.

Hier am linken Rheinufer ist der Hinweis darauf, dass wir uns an Rheinkilometer 645 befinden, nicht zu übersehen. Gleich hinter der Entfernungstafel haben wir im Restaurant Kleinpetersberg die zweite Möglichkeit zu speisen, und wir können dabei auf den „großen“ Petersberg blicken.

Der Rheinkilometer 645 gibt eine Entfernung an, also 645 Kilometer entfernt von – ja, von was eigentlich? Alle Flüsse dieser Welt werden von der Quelle in Richtung Mündung kilometriert – eine Ausnahme macht dabei nur die Donau. Doch weil die Kilometrierung ein Werkzeug der Berufsschifffahrt ist, liegt der Nullkilometer nicht an der Quelle, sondern an der Stelle, ab der er schiffbar ist. Für den Rhein ist dies Konstanz. Jetzt wäre es so schön, wenn wir sagen könnten, dass wir uns 645 Flusskilometer hinter Konstanz befinden, doch leider ist auch das ist nicht ganz so einfach, denn da gibt es noch sogenannte kurze Kilometer. In den früheren Anrainerstaaten des Rheins, in Baden, Hessen, Preußen und den Niederlanden wurden jeweils nur die „eigenen“ Kilometer gezählt, das heißt, jeder der Kleinstaaten begann jeweils mit der Kilometrierung bei Null. Das preußische Königswinter lag übrigens an Rheinkilometer 143. Für die heutige Kilometrierung hat man nicht neu vermessen, sondern die alten Daten übernommen, und so finden wir heute an den historischen Grenzen sogenannte kurze Kilometer. So folgt mancherorts auf die 500-Metermarke, ein schwarzes Kreuz auf weißem Grund, schon nach kurzer Zeit der volle Kilometer. So wissen wir nach wie vor nicht, wie weit Königswinter von Konstanz entfernt ist, für den Berufsschiffer bleibt es aber bei Kilometer 645.

Wir wenden uns an dem Fähranleger nach links und folgen nun dem Rad- und Fußweg flussaufwärts. Dabei genießen wir schöne Ausblicke auf das gegenüberliegende Siebengebirge und den Blick auf den Petersberg, den Drachenfels und links daneben die Drachenburg. Die Wanderung dem Rhein entlang auf dem asphaltiertem Weg führt uns an badenden Kindern und pausierenden Radlern, die auf dem Rheinradweg ihren Urlaub verbringen, vorbei.

Auf dem Rheinradweg ist eine Radtour bis in die Alpen oder an die Nordsee überhaupt kein Problem, wie der Autor dieses Buches bereits am eigenen Leib erfahren durfte. In südliche Richtung folgt bald das Mittelrheintal, welches mit der weltberühmten Loreley als Weltkulturerbe gilt, und später der Oberrhein mit Ausblicken auf den Schwarzwald und die Vogesen, bevor es an der Grenze zur Schweiz bis zum Bodensee auf überwiegend geteerten und ebenen Radwegen voran geht. Mit viel Kondition kann man den See sogar umrunden und weiter am Alpenrhein entlang radeln, der uns in die Schweizer Alpen führt und dennoch lange Zeit nur leicht ansteigt. In die andere Richtung, nordwärts, würden wir hinter Bonn kulturelle Höhepunkt wie den Kölner Dom erreichen, die Düsseldorfer Altstadt besichtigen und den großen Frachtschiffen im Duisburger Hafen bei ihren Fahrten zuschauen, bevor man sich die Rheindeiche mit grasenden Schafen teilt und auf niederländischer Seite dem Waal bis zum Rotterdamer Hafen folgt, wie der Rhein dort genannt wird. Eine gute Beschilderung, die jedoch nicht durchgehend einheitlich ist, sowie eine gute Infrastruktur und Übernachtungsmöglichkeiten an Radwegen lassen die Radtour auf dem Rheinradweg zum Genuss werden.

Mit der Burg Drachenfels im Rücken sind es nur wenige hundert Meter, bis wir die Insel Nonnenwerth erreichen und damit Nordrhein-Westfalen verlassen und rheinland-pfälzischen Boden betreten.

Mit der Insel Nonnenwerth haben wir die zweite Rheininsel unserer Tour erreicht, dürfen sie aber dieses Mal nur nach vorheriger Anmeldung betreten. Die fast zwei Kilometer lange und nur 200 Meter breite Insel gehört zum Stadtgebiet des rheinland-pfälzischen Remagens, liegt genau gegenüber der Insel Grafenwerth und ist Standort für ein Kloster des Franziskanerordens. Erstmalig wurde Nonnenwerth im 12. Jahrhundert erwähnt, als damals Benediktinermönche auf der Insel lebten. Mit der Säkularisation verschwand das geistliche Leben für ein halbes Jahrhundert, bis das Kloster von Franziskanerinnen übernommen wurde. Im Gegensatz zur Insel Grafenwerth ist Nonnenwerth eine „richtige“ Insel, denn sie besitzt weder Damm noch Brücke und ist nur über die bei Bedarf verkehrende Personenfähre erreichbar. 

Wir passieren einen Campingplatz und haben mit Rheinland-Pfalz auch Rolandswerth erreicht, einen Ortsteil von Remagen.

Rolandswerth ist der kleinste Stadtteil von Remagen, das durch den Hollywoodstreifen „Die Brücke von Remagen“ weltweit berühmt wurde. Sehenswert, aber mit einem steilen Aufstieg verbunden ist der Rolandsbogen. Die Rolandsburg aus dem 12. Jahrhundert wurde bei kriegerischen Auseinandersetzungen zerstört und die Ruine stürzte bei einem Erdbeben ein. Ein Burgfenster blieb als letzter verbliebener Rest: der Rolandsbogen. Er gilt als eines der Wahrzeichen der Rheinromantik, einer kulturgeschichtlichen Epoche des 18. und 19. Jahrhunderts. Der einstige steinerne Bogen brach 1839 zusammen, doch der Dichter Ferdinand Freiligrath gab mit einem Spendenaufruf den Anstoß zum Wiederaufbau, welcher bereits im Jahr nach dem Einsturz begann. Ihm zu Ehren wurde in der Nähe des Bogens nach seinem Tode ein Denkmal aufgestellt.

Unser Fußweg mit Blick auf Nonnenwerth verläuft für ein kurzes Stück entlang der Landstraße und gibt uns die Möglichkeit nach rechts abzubiegen, um auf dem steilen Zugang der Beschilderung zum Rolandsbogen und zum Freiligrathdenkmal zu folgen. Wir aber gehen geradeaus weiter und erreichen wenig später den Fähranleger, an dem wir auf der Fähre den Rhein überqueren und einem letzten Blick zurück auf den von oben herab grüßenden Rolandsbogen werfen, bevor unsere Wandertour mit dem Anlegen der Fähre an unserm Ausgangspunkt endet.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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