Wandern rund um Bonn – Rauf auf den Drachenfels

Rauf auf den Drachenfels
Den Klassiker neu entdecken

Pkw/Parken: Parkplatz an der Ecke Drachenfelsstraße/Winzerstraße, Königswinter
ÖPNV: Mit der Stadtbahnlinie 66 zwischen Bad Honnef und Bonn Hbf. bis Königswinter Fähre/SeaLife Aquarium
Rundweg: Ca. 6,6 Kilometer/3 Stunden
Streckenprofil: Steiler Aufstieg auf Asphalt, sanfter Abstieg auf breiten Waldwegen
Einkehr: Weinhaus Winzerhäuschen, Drachenfelsstraße 100, 53639 Königswinter, Tel. (0 22 23) 2 14 69, http://www.weinhaus-winzerhaeuschen.de; ‎Gartenwirtschaft Drachenbrunnen, Drachenfelsstraße 127-129, 53639 Königswinter, Tel. (01 76) 64 25 53 39, www.drachenbrunnen.drachenfels.net; Restaurant Drachenfels, Auf dem Drachenfels, 53639 Königswinter, Tel. (0 22 23) 2 19 35, www.der-drachenfels.de; Waldrestaurant Milchhäuschen, Elsiger Feld 1, 53639 Königswinter, Tel. (0 22 23) 90 90 00 (bei schlechter Witterung evtl. Mo geschl.)
Am Wegesrand: Drachenfelsbahn, Drachenfelsstraße 53, 53639 Königswinter, Tel. (0 22 23) 9 20 90, www.drachenfelsbahn-koenigswinter.de; Nibelungenhalle mit Reptilienzoo, Drachenfelsstraße 107, 53639 Königswinter, Tel. (0 22 23) 2 41 50, www.nibelungenhalle.de; Drachenburg, Drachenfelsstraße 118, 53639 Königswinter, Tel. (0 22 23) 90 19 70, www.schloss-drachenburg.de; Ruine Drachenfels; Hirschburg

Drachen warten am Wegesrand auf uns, wenn wir die steilen Pfade zu Deutschlands beliebtestem Berg überwinden und an Weinbergen vorbei auf den sanft dahinziehenden Rhein blicken. Phänomenale Aussichten begeistern uns von der Ruine des Drachenfels, und abseits der belebten Routen wandern wir durch kühle Wälder und ein romantisches Tal hinab in die Stadt Königswinter. ÖPNV-Nutzer verlassen die Haltestelle und gehen, den Rhein zu ihrer Linken, bis zur Drachenfelsstraße, der sie nach rechts etwa 200 Metern folgen. Nach den Gleisen treffen sie auf den Parkplatz, den Ausgangspunkt unserer Wanderung. Wir wandern unter der Brücke der Schnellstraße durch, wo Pferdekutschen warten und zu Fahrten hinauf zum Drachenfels (1 Stunde), zur Drachenburg (50 Minuten) oder zum Milchhäuschen (2 Stunden) einladen. Unsere Route führt an der nur wenige Meter entfernten Touristeninformation an einer alten Lokomotive der Drachenfelsbahn vorbei.

Im Sommer 1883 fuhr schnaufte die Drachenfelsbahn zum ersten Mal den Berg hinauf. Nach ihrer feierlichen Eröffnung wurde die Zahnradbahn zum Publikumsmagneten, denn eine Bahn dieser Art gab es zum damaligen Zeitpunkt nirgendwo in Deutschland. Zahnradbahnen werden vornehmlich dort eingesetzt, wo steile Steigungen überwunden werden müssen, da sonst die Stahlräder auf den Stahlschienen abwärts gleiten könnten oder beim Anfahren durchdrehen. In der Mitte des Bahngleises ist daher eine Zahnstange angebracht, in die das Zahnrad der Bahn greift und sich so antreiben lässt. Die Drachenfelsbahn überwindet auf einer Gesamtlänge von 1520 Metern 220 Höhenmeter. Daraus ergibt sich eine Steigung von 20 Prozent. Sie ist die älteste Eisenbahn ihrer Art in Deutschland, die noch in Betrieb ist. Eine Besonderheit sind die Trauungen, die in der Drachenfelsbahn geschlossen werden können – in stehenden Zügen auf halbem Weg zur Bergstation.

Die Drachenfelsstraße steigt steil an und bringt uns leicht kurvig an kleinen Weinbergen mit ihren Trauben vorbei und ermöglicht uns schon nach relativ kurzer Zeit einen ersten wunderbaren Ausblick in das Rheintal. Wir wandern am Geburtshaus von Prof. Eduard Rhein vorbei, der als Journalist maßgeblich an der Entwicklung der Wochenzeitschrift Hörzu verantwortlich zeichnet. Unter anderem vergab er dem bekannten Maskottchen der Zeitschrift den Namen Mecki. Langsam aber stetig wandern wir weiter bergauf, können zur Linken bereits den Petersberg ausmachen (siehe Route 16, S. XX), bis vor uns die gedrungene Nibelungenhalle auftaucht.

Der kleine, kuppelförmige Bau der Nibelungenhalle lädt auf unserem Weg zur Bergspitze zum Verweilen ein. Sie wurde 1913 anlässlich des einhundertsten Geburtstages des Komponisten und Dramatikers Richard Wagner erbaut. Die Idee hierzu hatte der deutsche Maler Hermann Hendrich, der einen Zyklus von zwölf Großgemälden schuf, welcher die Oper Der Ring der Nibelungen thematisiert und der nun im Kuppelbau präsentiert wird. Dieses von 1848 bis 1874 geschaffene Musikdrama gilt als das Hauptwerk von Richard Wagner. Mit einer Aufführungsdauer von 16 Stunden, auf vier Tage verteilt, ist es eines der umfangreichsten Kompositionen überhaupt.  Das Werk setzt sich aus den vier Opern Das Rheingold, Die Walküre, Siegfried und Götterdämmerung zusammen, erzählt die Geschichte der Rheintöchter, die das Gold im Rhein bewachen sollen, und beinhaltet die Legende von Siegfried, dem Drachentöter und Enkel von Wotan. Passend zu Siegfrieds Kämpfen mit dem Drachen befindet sich in der Nibelungenhalle auch ein Drachenhöhle genannter Raum, der von einem 13 Meter langen Drachen aus Beton bewacht wird. Lebendiger sind dahingegen die Reptilien aus allen Teilen der Welt, die in über 40 Terrarien untergebracht sind und im Reptilienzoo auf neugierige Besucher warten.

Wir aber wenden uns vor der Nibelungenhalle nach rechts und wandern ein kleines Stück weiter bergauf. Hier haben wir gleich zwei Möglichkeit eine kleine Rast einzulegen: Entweder genießen wir im Weinhaus Winzerhäuschen bei einem guten Tropfen Wein den Ausblick auf den Rhein, oder wir erfrischen uns in der gegenüberliegenden Gartenwirtschaft Drachenbrunnen. Schon wenige Meter darauf treffen wir auf die Gleise der Zahnradbahn, halten uns rechts und stehen an der Mittelstation der Bahn. Doch unser Blick wird von einem Märchenschloss, das uns an Schloss Neuschwanstein erinnert, gefangen genommen – es ist die Drachenburg, die im Jahr 2011 mit dem Neubau der Mittelstation der Drachenfelsbahn einen neuen Zugang erhielt.

Eine gewisse Ähnlichkeit zwischen der hiesigen Drachenburg und dem legendären Bau des bayrischen Königs Ludwig II. ist nicht von der Hand zu weisen. Kein Wunder, denn auch die Drachenburg am Rhein wurde im Stile des Historismus errichtet. Erbaut wurde sie zwischen 1882 und 1884 als Wohnsitz für den Baron Stephan von Sarter, der jedoch in Paris lebte und nicht eine Nacht in der als Villa geplanten Unterkunft verweilte. Nach seinem Tode im Jahr 1903 machte sein Neffe das Gebäude der Öffentlichkeit zugänglich, ließ eine Kunsthalle einrichten, ein Restaurant entstehen und im Schlosspark mehrere Blockhäuser im nordischen Stil als Gästequartier erbauen. Sie trugen die Namen der Walküren aus Richard Wagners Opernzyklus – vier von den Häusern sind bis heute erhalten. Im Laufe des 20. Jahrhunderts folgten eine Internatsschule, eine Schule für nationalsozialistische Führungskräfte sowie eine Schule der damaligen Deutschen Bundesbahn, bis es in den 1960er Jahren lange Zeit leer stand. Ein Privatmann rettete es vor dem Abriss, und schließlich wurde es vom Land NRW gekauft. Die langjährige Sanierung wurde im Jahr 2010 abgeschlossen, das Schloss mit seinen herrschaftlichen Räumen kann besichtigt werden. 

Unsere Wanderung führt uns an der Mittelstation vorbei in den schattenreichen bewaldeten Hang des Drachenfelsens. Dabei gelangen wir zu einem weiteren Aussichtspunkt, der uns nicht nur einen herrlichen Ausblick auf Bonn gewährt, sondern auch auf die nun schon weiter unten liegende Drachenburg. Auf dem Weg zum Gipfel passieren wir einige Felsbrocken, die bei einem Felssturz im Jahr 1967 niedergingen und erreichen kurz darauf die im Jahr 2012 neu eröffnete Aussichtsterrasse mit ihrem Glaskubus. Sie ersetzt einen wuchtigen Restaurantbau der 1970er Jahre, der 2011 abgetragen wurde. Für den Neubau wurde der entstandene Bauschutt wiederverwendet, um den Baustellenverkehr hinauf auf den Drachenfels so gering wie möglich zu halten. Heute können wir von der Terrasse des Restaurants Drachenfels den herrlichen Ausblick auf das Rheintal genießen. Doch wir wenden uns nach links und erklimmen die letzten Höhenmeter zur Ruine Drachenfels.

Der höchste Berg des Siebengebirges ist der Drachenfels nicht, aber wohl der berühmteste und markanteste zugleich, insbesondere, weil er sich steil am Rheinufer erhebt. Seine Form ist durch vulkanische Tätigkeit entstanden, die einen sogenannten Kryptodom bzw. eine Quellkuppe entstehen ließ. Hierbei steigt Magma aus dem Erdinneren auf, kann jedoch die Gesteinsschichten, in diesem Fall Trachyt, nicht durchdringen und formt Berge wie diese. Wahrzeichen der 312 Meter hohen Erhebung ist der Bergfried, der durch den Kölner Erzbischof Arnold I. im 12. Jahrhundert erbaut wurde und das Kölner Gebiet nach Süden hin absichern sollte. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Burg zerstört und seitdem zeitweise als Steinbruch genutzt. Dieses konnte erst durch ihre Unterschutzstellung durch die Preußische Regierung im 19. Jahrhundert beendet werden. Der Name des Drachenfelsens leitet sich vom vulkanischen Gestein Trachyt ab, aus dem der Berg besteht, doch bekannter und beliebter sind die Sagen eines Drachen, der hier gelebt und ab und an Menschen verspeist haben soll. So spielt der Drachenfels eine bedeutende Rolle in der Nibelungensage, in der Siegfried im Blut des Drachens gebadet habe.

Faszinierende Fernblicke bieten sich uns vom Gipfel des Drachenfelsens. In Richtung Süden ist direkt vor uns ist Bad Honnef erkennbar. Auch die Insel Nonnenwerth, die sich im Rhein erstreckt, scheint ganz nah zu sein. Am Horizont zeichnen sich derweil die Umrisse des Ahrgebirges ab, welches bereits zur Eifel gehört. Der Blick nach Norden ist nicht weniger interessant. Natürlich steht hier an erster Stelle die Stadt Bonn, nicht nur durch den markanten Post-Tower erkennbar. Wer ein leistungsfähiges Objektiv an seiner Kamera hat oder ein Fernglas mit sich trägt, kann am Horizont sogar die beiden Türme des Kölner Doms erkennen. Er ist exakt 35 Kilometer von unserem jetzigen Standpunkt entfernt.

Jede schöne Aussicht hat einmal ein Ende und wir nehmen den Abstieg in Angriff. Wir gehen zunächst hinab zum Glaskubus zurück und wenden uns dort zur Bergstation der Zahnradbahn. Vor dem Zugang folgen wir dem Sträßchen, das uns in einer Serpentine über das Bahngleis führt. In einer Linkskurve, in der uns eine Wanderkarte nochmals einen Überblick gibt, zweigen zwei Wege von der Asphaltpiste ab. Wir entscheiden uns für den linken und orientieren uns an der Ausschilderung zum Waldrestaurant Milchhäuschen. Auf unserm Weg abseits des großen Publikumsverkehrs umrunden wir die Nordflanke des 324 Meter hohen Berges namens Wolkenburg. Der ebene Pfad unter Schatten spendenden Bäumen bringt uns in kurzer Zeit zum Waldrestaurant Milchhäuschen.

Vor dem Café wenden wir uns zwei Mal nach links und wandern in eine als Sackgasse ausgeschilderte Straße hinein. Unsere abseits gelegene Route führt auf dem breiten Weg sanft hinab und am hölzernen Unterstand Hirschberghütte vorbei, die sich am Rande einer idyllischen Lichtung befindet. An einem kleinen Obelisken wenden wir uns nach rechts und biegen schon nach wenigen Metern links auf einem Schotterweg in das malerische Nachtigallental ab.An der ersten Kreuzung hinter dem Hohlweg verlassen wir das Nachtigallental zunächst wieder und wenden uns nach rechts, erreichen wieder eine Asphaltstrecke und passieren zu unserer Rechten die Hirschburg. Sie wurde 1883 errichtet und enthält zahlreiche Stilelemente ihres Vorbildes, der nahe gelegenen Drachenburg. Seit dem Jahr 2000 wird die Burg als Tagungszentrum des Telefonanbieters Vodafone genutzt.

Hinter der Hirschburg verlassen wir den Asphaltweg und wandern auf einem schmalen Pfad immer am Waldrand entlang und folgen schließlich einem ausgetretenen Pfad links in den Wald hinein. Dieser wurzelige, steile und wenig begangene Weg führt uns direkt wieder in das Nachtigallental hinein, welches sich als Hohlweg unter den weit ausladenden Baumkronen präsentiert. Den Gesang der Vögel noch im Ohr, verlassen wir den Wald, unterqueren die Schnellstraße und biegen dahinter nach links in die Winzerstraße ein, von der aus wir schon unseren Ausgangspunkt, den Parkplatz, sehen und in wenigen Augenblicken erreichen.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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