Wandern rund um Bonn – Im Norden vom Kottenforst

Über Stock und Stein in den Wald hinein
Pkw/Parken: Parkplatz Am Herrenwingert, Alfter
ÖPNV: Mit der Stadtbahnlinie 18 von Bonn Hbf. bis Alfter/Alanus Hochschule, von dort mit der Buslinie 605 bis Alfter/Hertersplatz
Rundweg: Ca. 13,1 Kilometer/3–3,5 Stunden
Streckenprofil: Schotterige Pfade mit einem langen Aufstieg zu Anfang
Einkehr: Gasthaus Spargel Weber, Knipsgasse 24, 53347 Alfter, Tel. (0 22 22) 22 79, www.spargelweber.de; Gasthaus Zur Krone, Kronenstraße 17, 53347 Alfter, Tel. (0 22 22) 94 03 44, www.hotel-gasthaus-zur-krone.de (Fr. geschl.)
Am Wegesrand: Schloss Alfter; Kottenforst; Kamelleboom; Römerkanal; Loogboom; Oedekoven

Im Kottenforst boomt der „Boom“, und wir erfahren auf dieser Wanderroute, wie süße Bonbons im Wald wachsen können, wenn wir eine sanfte, aber stete Steigung zu Beginn der Tour erwandert haben. Wir treffen auf interessante Spuren der römischen Wasserversorgung und lassen uns daneben vom Zwitschern der vielen Vögel bezirzen, die in den dichten Baumkronen über uns ihre Heimat haben. Und wo es zu Anfangs hinauf geht, fällt es zum Ende hin wieder hinab, jedoch nicht ohne vorher einige schöne Aussichten anzubieten.

Vom Parkplatz und der angrenzenden Haltestelle im Zentrum von Alfter sehen wir deutlich die St. Matthäuskirche. Gleich daneben verbirgt sich ein wenig versteckt hinter hohen Bäumen das Schloss Alfter.

Die Ursprünge von Schloss Alfter reichen bis in das 12. Jahrhundert zurück. In seiner wechselvollen Geschichte wurde der rechteckige Bau mehrfach zerstört und wieder aufgebaut. Erst im Jahr 1721 kam die Anlage zur Ruhe, als sie zu einem Barockbau umfunktioniert wurde. Kleine Türme flankieren seither das zweigeschossige Herrenhaus, welches mit einer dreiflügeligen Vorburg versehen ist. Seit 1973 beherbergt das prächtige Schloss die Alanus-Hochschule der bildenden Künste, und in den Sommermonaten können die Werke der Studenten im Park besichtigt werden. Besitzer ist jedoch immer noch das Adelsgeschlecht Salm-Reifferscheidt, die das Anwesen bereits im 15. Jahrhundert, also noch vor dem Umbau, erhielten.

Wir jedoch lassen die beiden Bauwerke zunächst hinter uns und verlassen den Platz. Wir gehen am Supermarkt vorbei in die Straße Am Herrenwingert und wandern die Lukasgasse hinauf. An ihrem Ende wenden wir uns nach rechts und biegen an der folgenden Kreuzung abermals rechts ab. Am traditionsreichen Restaurant Spargel Weber stärken wir uns für die weitere Tour und schwenken nach links in die Bachstraße. Wir folgen ihr ein kurzes Stück leicht bergauf, halten uns dann aber an das kleine Anlieger-Frei-Sträßchen zu unserer Linken. Wir passieren dessen Absperrpfosten und wandern oben auf der Fahrstraße nach links weiter bergauf. An der T-Kreuzung halten wir uns rechts Richtung Olsdorfer Heide und lassen die Bebauung hinter uns. Auf der kleinen befestigten Strecke wenden wir uns hinter der Linkskurve nach rechts und nutzen den Schotterweg, welcher uns erste schöne Ausblicke auf Alfter bereitet. Den vom Heimatverein Alfter eingerichteten Ruhe- und Aussichtspunkt verlassen wir nach einer kleinen Rast und wandern auf dem schotterigen und kurvigen Pfad weiter in die Höhe. Belohnt werden wir für diesen steten Aufstieg mit weiten Fernblicken über Alfter und Bornheim bis nach Troisdorf auf rechtsrheinischer Seite.

Der Asphaltstraße, auf die wir treffen, folgen wir nach links und passieren die Sport- und Tennisplätze des VfL Alfter und des TC Alfter. Doch schon in der nächsten Rechtskurve verlassen wir das Sträßchen und wandern geradeaus in den Kottenforst hinein.

Kottenforst leitet sich vom keltischen Wort coat für Wald ab, seine erstmalige Erwähnung fand jedoch im 7. Jahrhundert statt, als die Rede von einem fränkischen Königsgut war. Ursprüngliche Besitzer dieses weiten und verhältnismäßig flachen Waldareals war die Abtei Michaelsberg in Siegburg (siehe Route 13, Seite XX). Die Mönche der Abtei verkauften den Kottenforst an die Erzbischöfe von Köln, die ohnehin schon Jagdrechte vor Ort besaßen. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde der Forst erstmalig vermessen und erhielt ein bis heute vorhandenes Wegenetz, welches an ein Spinnennetz erinnert und teilweise über kilometerlange, schnurgerade Pfade verfügt. Das Zentrum dieses Spinnennetzes war der heutige Bonner Stadtteil Röttgen, der seinen Namen von der ursprünglich vorhandenen kleinen Rodung (Rödchen) bekam. Auf dieser Rodung ließ Kurfürst Clemens August von Bayern das Schloss Herzogsfreude errichten, auf das nun alle Wege sternenförmig zuführten. Vom Schloss ist zwar nichts mehr zu sehen, aber dafür bietet der Kottenforst neben seiner Natur einige andere Sehenswürdigkeiten, die in dieser und weiteren Routenbeschreibungen vorgestellt werden.

Herrliche Ruhe umgibt uns, die nur vom Zwitschern der Vögel unterbrochen wird oder vom gelegentlichen Knacken der Äste, wenn wir auf dem wurzeligen Pfad bis zur Kreuzung wandern und dort rechts abbiegen. Nur kurz darauf folgt eine T-Kreuzung, an der wir abermals rechts gehen, doch schon nach 20 Metern am dortigen Bildstock links einschwenken.

Auch dieser nun etwas breitere Waldweg endet an einer T-Kreuzung, an der wir uns nach links wenden. Das Klopfen der Spechte begleitet uns, während wir durch den Kottenforst wandern und auf eine Kreuzung namens Kamelleboom stoßen.

Kamelle wachsen an einem Baum? Nein, natürlich nicht. Der Kamelleboom war eine alte, hohle Eiche, die bis 1976 an der gleichnamigen Kreuzung wuchs und leider von einem Waldfahrzeug gerammt wurde. Mehrere Jahrhunderte lang war der Baum Treffpunkt von Kindern, die dort auf die vom Markt zurückkommenden Eltern warteten. Diese brachten ihren Sprösslingen in der Regel Bonbons mit, steckten sie in den Kopf des hohlen Baumes, damit sie durch den Baum hindurch nach unten fielen, wo die Kinder die Süßigkeiten freudestrahlend auffingen.

Wir wandern – mit einer Kamelle im Mund? – weiter geradeaus und genießen die ebene Strecke, die uns durch den grün leuchtenden Kottenforst führt. Wir bleiben auf dem geradeaus führenden Weg, auch wenn er an der nächsten Kreuzung etwas schmaler wird und biegen erst an der übernächsten Kreuzung nach links ab. Aufmerksame Wanderer werden auf dem Weg bereits Hinweise auf den Wanderweg entlang des Römerkanals gesehen haben. 

Der Römerkanal gilt als eines der längsten Aquädukte des römischen Reiches und begann in Nettersheim bei Euskirchen. Dort nahm der Kanal, auch Eifelwasserleitung genannt, Wasser einer ersten Quelle auf, spannte sich sowohl über Erft als auch Swist, durchquerte den Kottenforst und verlief bis Köln. Damit brachte es die überwiegend unterirdisch verlegte Leitung auf eine Länge von ungefähr 95 Kilometern und konnte 20.000 Kubikmeter Trinkwasser transportieren. Der Kanal war aus mehreren Schichten verschiedener Steine aufgebaut und wurde nach seiner Zerstörung durch die Germanen als Steinbruch genutzt. Heute erkennt man den Verlauf der Wasserleitung teilweise noch durch den Graben, der sich durch den Wald zieht, und anhand der 75 Schautafeln, die entlang des heutigen Römerkanal-Wanderwegs Wissenswertes zu erzählen haben.

Unser Weg scheint nun schnurgerade und endlos bis zum Horizont zu reichen, doch soweit wollen wir heute nicht gehen. Ein längeres Stück ist es allerdings schon, bis wir kurz vor einem Holzunterstand rechter Hand nach links auf einen Schotterweg abbiegen. Eintönig wird die Wanderung aber auch auf diesen Strecken nie: Wir halten Ausschau nach Rehen und Hasen, die sich scheu hinter den dicht stehenden Bäumen verstecken. Und sollten die sich nicht zeigen, beobachten wir zahlreiche Singvögel, welche sich ihr Nistmaterial oder schon das Futter für den Nachwuchs besorgen.

War unsere Wanderung bisher von schnurgeraden Wegen geprägt, umso kurvenreicher ist der Weg, der uns nun zur nächsten Schutzhütte bringt. Hier biegen wir rechts ab, um sofort nach links einzuschwenken. Zu den Kurven gesellen sich nun auch noch kleinere Gefälle und Steigungen, doch es bleibt angenehm auf dem Weg, der uns schon bald aus dem kühlen Kottenforst hinaus führt. Am Ende einer hellen Lichtung sehen wir zu unserer Linken einen auffälligen Baum, einen Loogboom.

Loogboome sind markante Bäume, die eigentlich aus mehreren Bäumen bestehen. Man nahm zwei oder drei junge, dünne Bäume und verdrehte diese miteinander, ähnlich wie bei einem Zopf. Die auf diese Weise entstandenen, durch ihre Spiralform sehr hervorstechenden Bäume dienten sodann als Grenzbäume und markierten Grundstücke.

Kurz hinter dem Loogboom passieren wir einen Parkplatz und genießen die weiten Ausblicke auf das Bonner Umland. Ein asphaltierter Weg bringt uns zwischen Feldern hindurch nach kurzer Zeit zum Ortseingangsschild von Oedekoven.

Oedekoven wurde bereits im ausgehenden 8. Jahrhundert erstmalig erwähnt, wobei es sich damals vermutlich nur um einen Hof handelte. Heute ist die kleine Ortschaft, die seit 1969 zu Alfter gehört, von zwei Gassen geprägt, in denen sich malerische Fachwerkhäuser und die Kapelle St. Marie Vermählung aneinander reihen.

An der ersten Möglichkeit nach dem Schild halten wir uns links. Wir passieren einen Kinderspielplatz und wandern über eine sanfte Kuppe hinweg hinter dem Sportplatz halbrechts wieder hinab. An der kleinen, hell strahlenden Kapelle St. Mariä Vermählung können wir an einem Rastplatz eine kleine Pause einlegen, bevor wir zwischen hübschen Fachwerkhäusern auf der Staffelsgasse weiter bergab schreiten. Mit der Querung der Landstraße verlassen wir den Ort, gehen ein kurzes Stück geradeaus und biegen an der ersten Gelegenheit links ab.

An der Kreuzung mit einem Wegekreuz wenden wir uns nach links, um geradewegs zwischen den weiten Feldern auf Alfter zuzuwandern. Wir beobachten das quirlige Leben in dieser kleinen Ortschaft, während wir durch die engen Straßen wandern und einen Zebrastreifen überqueren. Dem Straßenverlauf folgend, stärken wir uns kurz vor Abschluss der Wanderung im Gasthaus Zur Krone. Wenige Meter dahinter wenden wir uns an einer Ampelkreuzung nach links, und werfen nochmals einen Blick auf Schloss Alfter zu unserer Rechten. Ihm gegenüber, gleich zu unserer Linken erreichen wir auch schon unseren Ausgangspunkt, den Parkplatz im Alfterer Zentrum.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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