Wandern rund um Bonn – Auf den Petersberg

Auf den Petersberg
Hohe Politik auf hohen Hügeln

Pkw/Parken: Parkplatz am Kloster Heisterbach, Heisterbacher Straße, Königswinter
ÖPNV: Mit der Stadtbahnlinie 66 ab Bonn Hbf. bis Oberdollendorf, von dort mit dem Bus 520 bis Heisterbach Kloster
Rundweg: Ca. 6,7 Kilometer/2,5–3 Stunden
Streckenprofil: Zum Teil steile Aufstiege auf wurzeligen Pfaden
Einkehr: Restaurant Rheinterrassen Steigenberger, Petersberg, 53639 Königswinter, Tel. (0 22 23) 7 40, www.steigenberger.com; Einkehrhaus Waidmannsruh, Rosenau 13, 53639 Königswinter, Tel. (0 22 23) 2 45 20; Klosterstube Heisterbach, Heisterbacher Straße, 53639 Königswinter, Tel. (0 22 23) 70 21 75, www.klosterstube-heisterbach.de
Am Wegesrand: Petersberg; Kloster Heisterbach

Mit Staatsoberhäuptern auf Du und Du, zugegebenermaßen ist dies auch nach dieser Wandertour vom Kloster Heisterbach auf den Petersberg nicht ganz so einfach. Doch werden wir auf den Joggingpfaden eines ehemaligen amerikanischen Präsidenten wandeln und die tollen Aussichten auf das Rheintal genießen, die schon Queen Elizabeth II. erleben durfte. Außerdem können wir uns auf derselben Restaurantterrasse erfrischen, wie es bereits Kanzler und Präsidenten taten. Warum also mit Staatschefs duzen wollen, wenn man sich selbst wie einer fühlen darf und durch den wunderschönen Wald oberhalb von Königswinter zurück zum Kloster wandert?

Unser Ausgangspunkt ist der Parkplatz des Klosters Heisterbach. Wir besuchen die Klosteranlage zum Abschluss unserer Route und wandern an der halbhohen Klostermauer entlang, die Heisterbacher Straße im Rücken und wenden uns am Ende der Umfriedung nach links, der Beschilderung zum Petersberg folgend. An der ersten Gabelung entscheiden wir uns für den rechten Abzweig und wandern auf dem knirschenden Schotter tiefer in den Wald hinein. Spechte machen mit ihrem Klopfen auf sich aufmerken, während wir an einem Abzweig nach links abbiegen, wenig später den querenden Rheinsteig hinter uns lassen und weiterhin auf dem noch ebenen und breiten Waldweg bleiben.

An einem Hinweisschild auf das Naturschutzgebiet Siebengebirge biegen wir links ab und beginnen mit der mühelosen Besteigung des Petersbergs. Auf dem schmalen laubbedeckten Wurzelpfad geht es zunächst noch sanft hinauf. Der folgende, breitere Waldweg ist dagegen schon ein wenig steiler. Auf ihm treffen wir erneut auf den Rheinsteig und folgen dem schmalen Premiumwanderweg nach rechts. Dieser wunderschön angelegte Pfad überrascht mit Wegekreuzen im Unterholz und bringt uns deutlich spürbar nach oben, bis wir plötzlich vor einem metallenen Zaun mit einem kleinen Durchgang stehen. Der mitten im Wald stehende, videoüberwachte und mit Scheinwerfern ausgestattete Zaun lässt bereits größere Sicherheitsvorkehrungen vermuten, welche sich wenig später von selbst erklären.

Wir benutzen den Durchgang und haben nur noch wenige Höhenmeter vor uns, bis wir rechter Hand eine Terrasse mit einer Aussichtsplattform erreichen. Wir befinden uns nun auf dem Petersberg.

Was haben Queen Elizabeth II., Bill Clinton, Jassir Arafat und Michail Gorbatschow mit uns gemeinsam? Wir waren alle auf dem 331 Meter hohen Petersberg und haben die Aussicht auf den Rhein genossen – allerdings haben die Genannten den Berg nicht per pedes erobert. Doch fangen wir vorne an. Bis in das 12. Jahrhundert hinein war der bewaldete Berg unbewohnt, dann errichtete ein Ritter namens Walter auf dem Petersberg seine Eremitenklause. Ihm folgten Zisterziensermönche, die jedoch im 16. Jahrhundert in das Peterstal zum Kloster Heisterbach umsiedelten. Ihre Bauten auf dem Berg verfielen mit der Zeit. Im 19. Jahrhundert erwarb der Kölner Kaufmann Joseph Mertens den Hügel und ließ für seine als Rheingräfin bekannte Gattin einen Sommersitz erbauen. Nach seinem Tod wechselte der Petersberg mehrfach den Besitzer. Während der Nazidiktatur verweilte mit dem britischen Premierminister Arthur Neville Chamberlain als erster ein Staatsgast auf dem Berg, als er in Bad Godesberg mit Hitler über die Sudetenkrise verhandelte. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog die Alliierte Hohe Kommission in die Gebäude ein, wo Konrad Adenauer das Petersberger Abkommen unterzeichnete. In den folgenden Jahren gaben sich Staatsoberhäupter zahlreicher Länder die Klinke in die Hand. Von Leonid Breschnew, dem ehemaligen sowjetischen Generalsekretär weiß man zu berichten, dass er das Gastgeschenk der Bundesrepublik Deutschland, einen Mercedes 450 SLC, bei einer Bergabfahrt beinahe vollständig zerstört habe. Der ehemalige amerikanische Präsident Bill Clinton wiederum joggte auf dem Petersberg, weshalb man es ihm mittlerweile auf einem Bill-Clinton-Joggingpfad gleich tun kann. Nach dem Hauptstadtumzug von Bonn nach Berlin wurde das Hotel auf dem Petersberg weiterhin – jedoch seltener – als Bundesgästehaus genutzt. Im Dezember 2011 fand bereits zum dritten Mal die alljährliche Afghanistankonferenz auf dem Petersberg statt. Ungeachtet der historischen Bedeutung ist die Zukunft des geschichtsträchtigen Ortes ungewiss, denn 2011 wurde der Petersberg zum Verkauf freigegeben.

Nach einer ausgiebigen Pause auf der Aussichtsplattform oder auf der angrenzenden Rheinterrasse des Steigenberger Hotelrestaurants mit tollen Fernblicken auf den Rhein und die Bonner Landschaft machen wir uns auf den Weg bergab. Wir wandern um das Hotel herum, überqueren den Parkplatz, der auch als Hubschrauberlandeplatz dient und besichtigen die Überreste einer ehemaligen mittelalterlichen Kirche. Gleich gegenüber befinden sich ein Prozessionsaltar sowie eine Gedenktafel für die ehemalige Petersbergbahn, die von 1889 bis 1958 als Zahnradbahn zwischen Königswinter und dem Berggipfel pendelte.

Eine kopfsteingepflasterte Trasse bringt uns zum nächsten Aussichtspunkt und beschert uns nochmals Ausblicke auf das Siebengebirge. Unsere Route führt uns vor dem Aussichtspunkt nach rechts auf einen schmalen Waldweg, wo wir durch ein Metalltor den umzäunten Bereich des Petersbergs wieder verlassen. Wir folgen dem wurzeligen Weg bergab bis zu einem Wegekreuz, verlieren dort über eine Serpentine weiter an Höhe und wandern begleitet vom Gezwitscher der Blau- und Kohlmeisen durch den dichten Wald geradewegs in Richtung Heisterbacherrott. Wir kommen an einer hölzernen Schutzhütte vorbei und erreichen das unter hohen Schatten spendenden Bäumen einladende Einkehrhaus Waidmannsruh.

Vor der Gaststätte biegen wir scharf links auf einen asphaltierten Weg in Richtung Kloster Heisterbach. Wenn der Weg schon bald eine scharfe Rechtskurve beschreibt, bleiben wir jedoch geradeaus und wandern wieder auf einem Schotterweg. Wir atmen die frische Waldluft ein und biegen nach wenigen Augenblicken an einer Kreuzung nach links ab. Das Plätschern eines Bachs neben uns bleibt uns einige Momente im Ohr, während uns der Weg leicht bergab bis zu einer Gabelung führt, an der wir uns rechts halten. Schon bald erreichen wir die Außenmauer der Klosteranlage, umwandern diese und betreten über den Parkplatz die Anlage. Wir gehen an der Klosterstube Heisterbach vorbei zur Ruine des früheren Klosters Heisterbach.

Mit Verlassen des Petersberges gründeten die Mönche des Zisterzienserordens im Peterstal das Kloster Heisterbach. Mit einer Breite von 44 Metern und der doppelten Länge war die Abteikirche das damals zweitgrößte Gotteshaus nach dem Kölner Dom. Die Weihe des Gebäudes fand im Oktober 1237 statt, es dauerte jedoch noch rund 90 Jahre, bis die komplette Klosteranlage fertiggestellt war. Ohne nennenswerte Vorkommnisse lebten die Mönche bis zur Säkularisation unter Napoleon im Jahr 1803. Er benutze Steine des Klosters für den Bau des geplanten Nordkanals zwischen Neuss und Antwerpen. Auch in der Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz finden sich Steine der Klosteranlage. Vom Abriss der Abteikirche blieb nur der Chor verschont, der bis heute als Ruine offen in den Himmel ragt. In modernen Gebäuden auf dem Klostergrundstück ist heute die Generalleitung der Cellitinnen, einer nach den Regeln des hl. Augustinus lebenden Ordensgemeinschaft, untergebracht.

Über die Historische Allee gelangen wir in wenigen Schritten von der Ruine zum Nordportal und erreichen damit wieder den Parkplatz.

Michael Moll

Hier schreibt Reisejournalist Michael Moll.

Ich bin Autor von mehr als 100 Reiseführern, unter anderem beim National Geographic, und erstelle Artikel in Fachzeitschriften. Außerdem bin ich Betreiber und Besitzer des Wohnmobilstellplatzes am Barockschloss in Nordkirchen im südlichen Münsterland.

Bundesweit halte ich Multimedia-Präsentationen über verschiedene Reisethemen und zu guter Letzt konnte ich einen Fahrradweltrekord für das Guinnessbuch der Rekorde aufstellen.


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